Murrhardt und die sieben Schwaben

Prof. Bornefeld und ein Mitarbeiter der Firma Walcker beim Aufbau des Rückpositivs in Murrhardt

Eine Groteske der besonderen Art findet derzeit im schwäbischen Murrhardt statt.
In der Murrhardter Zeitung wird bekannt gemacht, dass die von Bornefeld konzipierte und klanglich durchgestaltete Orgel gegen einen technischen Neubau - dessen finanzielle Größenlage, die Gemeinde noch nicht erschlossen hat- ersetzt werden.
Um sich klar darüber zu werden, welche Ungeheuerlichkeit dieser Schwabenstreich in Sachen Orgeltradition, Ökologie, Ökonomie und kirchliche Sozialverantwortung darstellt, lese man die Internetseite der Evang. Kirchengemeind Murrhardt, wo noch die Arbeiten von Orgelbau Kreisz in 2001 beschrieben werden.
Diese Arbeiten haben allerdings schon gewaltig in den Klangkosmos von Bornefeld eingegriffen. Laute und teilweise hässliche Aliquotkarikaturen zimmerten sich ab dato ihren Weg durch die Gotik. Jetzt aber wird das Spätwerk des Neobarock-Enthusiasten Bornefeld erledigt. Der herrliche Holzpfeifenprospekt, ein Meisterwerk des Bildnerphilosophen Bornefelds wird zerstört. Herr Goethe kann sich wieder in eklektizistischen Zeichenübungen für einen neuen Prospekt üben. All diese dritt- und viertrangigen Künstler werden ein brechlautes Instrument fabrizieren, das spätestens in 10 Jahren wieder rekonserviert wird. Man hätte jetzt die Chance gehabt, wieder auf den ursprünglichen Bornefeld zurückzugehen.
Wenn die Kirchengemeinde in Murrhardt der Meinung ist, sie bekomme eine Orgel geschenkt - weil irgendein verrückter Geldesel sich in der Kirche ein Denkmal setzen will, und damit sei sie ja aus der Verantwortung, dann täuscht sie sich gewaltig. Im Kreise von Tebarzisten über soziale Nöte und Probleme zu diskutieren oder gar die Zukunft ins Visier zu nehmen, um Verantwortung für die Nachkommen zu übernehmen, dazu wäre stille Zurückhaltung angemessen, nicht aber maßloser Plunder. Mit derlei Prunkassessoires, direkt vergleichbar mit der Badewanne von Tebartz van Elst noch in soziale Diskussionen einzutreten, das wäre der tollste Hohn und geradezu blanker Zynismus. Solche Kirchen haben ihr Mitspracherecht in allen sozialen Fragen und besonders der der Zukunft restlos verspielt. (gwm)
Opus 5547 Murrhardt