Midi-System, was bringt das?

MIDI-Musik, was soll das?

Ich wurde in den letzten Wochen vermehrt auf unser Video "Midi auf der Tamburini-Orgel" in Santa Cecilia angesprochen. Und es erscheint der Eindruck, als wollte ich diese Technik als den letzten Schrei anpreisen.
Dies ist aber nicht der Fall. Ich gehe davon aus, dass jeder, der dieses Video gesehen hat, sehr wohl auch gehört und erfahren hat, dass diese Technik überhaupt keinen Platz in der Klassischen Musik und am wenigsten in der Orgelmusik hat.
Dazu die nachfolgende Begründung.
Ursprünglich war ich sehr begeistert von dieser Technik. Zumal man als Orgelbauer sich seine Intonation aus allen Ecken der Kirche oder im Falle Santa Cecilia, in allen Ecken des Konzertsaales, anhören konnte.
Aber wie das eben mit Technik so der Fall ist, man stellt rasch fest, dass die Grenzen sehr eng gezogen sind.
Der Grund ist relativ einfach.
Wenn das Midi-System mit einem feststehenden Takt eingestellt wurde, so hält es diesen eisern, bis zur letzten Sekunde durch. Dann sind 1/16 Noten exakt 1/16 (egal in welchem Sekundenbruchteil das stattfindet) und 1/32 Noten ebenso exakt. Und man beginnt sich nach etwas menschlicher Dynamik zu sehnen, wo eben das „Maschinengetrample“ auf der Orgel ein Ende hat. Also wo die „Bergsonsche“ Zeit des Menschen der physikalischen Zeit weicht.
Ich denke, dass dies der Grund ist, warum jene Technik, vielleicht sogar alle Digitaltechnik, keine Chance hat elementare Kunstgebilde zu schaffen. Weil eben der Zeitrahmen (selbst wenn man großzügig mit Zufallselementen hineinspielen würde, um dieses enge Korsett zu durchbrechen) einfach durch die Maschine zu schematisch gezogen wird. Auch bei der bildenden Kunst ist dies ähnlich, das vorgegebene Pixelraster, an das man sich natürlich mit der Zeit auch gewöhnt, gibt sehr enge Grenzen vor, während die analoge Fotografie immerhin die zufällig auf Film und Papier vorhandenen Einsprengsel reflektierte.
Die Zeit bei der Musikinterpretation kann also meiner Meinung nach nicht von der Maschine selbständig gewählt werden.
Nun wäre der Gedanke angebracht zu fragen, ob man denn der Maschine eine menschliche Vorgabe macht, also statt 1/16 Note zu sagen dies ist eine 1/17123445 Note und die nächste wäre eine 1/16975543 Note etc..
Dazu müsste allerdings das ganze Midi-System geändert werden und als Trostpflaster für den Fan der menschlichen Interpretationskunst sei gesagt, dass dann die Datengrößen solcher Aufnahmen, je nach Zeit-Tiefe, ins Unermessliche anwachsen würden.
Aber ich habe auch festgestellt, dass es überhaupt kein Bedürfnis nach einer solchen Erweiterung des Systems gibt (Techno-Musik für Techno-Fans, aber bitte nicht in der Klassischen Musik) und bin daher zuversichtlich, dass wir auch noch in 100 oder 200 Jahren eine lustige und eine traurige Interpretation von Bachs Partitia in D-Dur hören werden, was ausschließlich durch unterschiedliche Zeitwerte des gegebenen Notenmaterials bewerkstelligt worden sein wird.
Im nächsten Absatz können Sie das Video, das hier besprochen wurde, anwählen

Midi an der Walcker-Tamburini, Roma